Ilha Grande zu Zweit

Schon wieder ein Abenteuer mit der Anreise.. 
Wir verlassen Rio am 29. Dezember nach einem netten Frühstück bei Ricardo, der ebenfalls sehr bemüht war, uns bei der Buchung des Busses nach Angra dos Reis bzw. Conceição de Jacarei, um von dort aus mit dem Schiff zur Insel zu kommen, zu helfen. Ging leider online nicht. Also bringt er uns noch zum Taxi und wir fahren zum zentralen Bus-Teminal in Rio. 
Eine riesige Schlange vor dem Ticket Schalter von Costa Verde, oh je, die letzten 18 Plätze für den Bus um 15:15 Uhr sind auch gleich weg. (Haben schon keinen Platz mehr im 13 Uhr Bus bekommen.) Doch der Schalter für die Internet-Buchungen ist fast nicht frequentiert. Müssen uns leider mit einer kleinen Notausrede vordrängeln und...

...haben Glück. Mit dem Sprachschwierigkeiten hat man zumindest manchmal Welpenstatus. 2 Stunden soll der Bus brauchen bis Conceição de Jacarei. Prima, dann nehmen wir das letzte Boot zur Insel. Denkste. 
Endstation des Busses ist Mangaratiba, und das nicht nach 2 Stunden, sondern nach 3. Von hier fahren zwar auch Boote, aber die brauchen länger. Wir wollen einen weiteren Bus nehmen nach Conceição, langsam wird die Zeit knapp. Der besagte Bus steht zwar, aber ein Fahrer ist weit und breit nicht zu sehen. Es wird immer später. Mittlerweile ist die Chance noch geringer, von Conceição überhaupt noch ein Boot zu bekommen. Auf Nachfrage erhalten wir die Auskunft, dass von Mangaratiba auch kein Schiff mehr fährt, erst am nächsten Morgen. Es ist gegen 18:30 Uhr. Hier bleiben? Nur wo? Mangaratiba ist noch nicht mal im Reiseführer erwähnt, geschweige denn eine Unterkunft. 
Wir werden angesprochen von einem jungen Typen, der mehr nach Skater als nach Brasilianer aussieht, ob wir auch noch zur Insel wollen. Es wären noch ein paar mehr Leute, die noch rüber wollen. Wir stehen am Pier, es wird wild diskutiert und gebettelt, telefoniert, gefragt, es kommt einer vorbei, der ein Boot hat. Der entscheidet sich aber, schlafen zu gehen. Hat kein Bock, noch bissel Geld zu verdienen. Inzwischen sind es an die 25 Leute. Endlich haben sie einen Schoner klar gemacht und wir starten gegen 8 Uhr Abends Richtung Insel, es wird dunkel, sind gegen viertel vor 10 in Vila de Abrãao auf der Insel. 
Alter Schwede, was für ein Trip mal wieder. Also auf Busfahrzeiten kann man sich hier schon mal nicht verlassen. Ich sagte bereits zuvor: Wir wollten Abenteuer, wir haben Abenteuer. That’s it! 
Zu unserer Unterkunft bei Claus müssen wir eine viertel Stunde den Berg hoch laufen. Es gibt weder Autos und Mopeds  noch Taxis auf der Insel, die mit ca. 30 km Länge und ca. 20 km Nord-Süd-Ausdehnung nicht gerade klein ist. Endlich geschafft, bekommen beide jedoch fast einen mittleren Herzinfarkt, als wir unser Zimmer sehen.. Das ist nach dem tollen Apartment bei Rodrigo in Trancoso und dem rührenden Ricardo in seiner B&B Pension ne echte Ansage: 4 qm und Stockbett. Sehr wenig Platz, den meisten nehmen noch der aufgestellte Ventilator und der Kühlschrank ein. Nichts gegen eine einfache Unterkunft, doch das ganze für einen stolzen Preis von 300 R$ (ca. 100 €) - pro Nacht! 😳😬 Ein Blick ins Netz verrät, dass zum einen so gut wie alles ausgebucht ist oder, was noch frei ist, 300 – 500 € pro Nacht kostet. 
Wir können es nun eh nicht ändern und werden uns davon nicht die Laune verderben lassen. Es ist mittlerweile fast halb 12 nachts und wir gehen nochmal in den Ort hinunter, wollen eigentlich noch was trinken. Doch hier schließt gerade alles, obwohl es noch live Musik auf einer Bühne gibt. 

Am nächsten Tag fahren wir vom Pier aus mit einem Schoner in eine andere Bucht. Von dort aus geht's gute 30 min. zu Fuß durch den Regenwald ziemlich bergauf und bergab zum Lopes Mendes Strand. Die Anstrengung des Weges lohnt sich, es eröffnet sich uns ein schneeweißer Strand, breit, gesäumt von Felsen, blaugrünes Wasser, lange Wellen, ein Traum. Der Sand ist so fein, dass er unter den Füßen quietscht. Allerdings gibt es kaum Schatten und wir sind froh, dass ein paar Wolken am Himmel sind. So viel Abkühlung bringt das Meer nicht. Eigentlich könnte man den ganzen Tag nur im Wasser liegen. 
Wir haben die absolute Hauptreisezeit der Brasilianer erwischt, nicht nur Silvester, sondern gleich auch noch die Ferien, die bis Ende Januar andauern. So wird die Insel bereits am Abend fast invasiv von feierfreudigen Großstädtern überrannt. Oh je, das mit der Ruhe auf einer schönen Insel am Ende unserer gemeinsamen Reise haben wir uns anders vorgestellt. 😳 
Am nächsten Tag, also dem letzten Tag des Jahres, haben wir eine eine Tour gebucht, per Speedboot einmal um die Insel mit verschiedenen Stops an sehr schönen (und sehr vollen) Stränden mit den Optionen Baden, Schnorcheln und Klippenspringen. Ansonsten umrunden wir die Insel mit einer gesamten Küstenlinie von rund 155 km. Das kleine Boot mit insgesamt nur 12 Leuten an Bord prescht durch die Wellen, manches Mal heben wir gefühlt ab, um im nächsten Moment mit dem Bootsrumpf mit voller Wucht wieder auf das Wasser aufzuschlagen. Was zu Beginn und über den Tag verteilt noch ganz lustig ist – jedenfalls haben wir Mädels vorn sehr viel Spaß – wird am späten Nachmittag doch sehr anstrengend für den Rücken. Puh.. Gott sei dank ohne länger andauernde Nachwirkungen. Alle Buchten, die wir ansteuern sind natürlich voll mit Booten und voll mit Menschen. 
Am späten Nachmittag sind wir zurück und die Insel ist nun gefühlt komplett voll. Am Abend geht's nach der Dusche im Kleidchen wieder runter an den Strand. Die meisten Menschen ziehen Kühlboxen hinter sich her. Wir suchen einen Stand, wo wir etwas zu trinken kaufen können. Gibt's nicht. In der nächsten Bar? Die Schlange ist lang, wir glauben, wir können unser Glück woanders versuchen. Was für ein Irrtum.. Um 23 Uhr schließen fast alle Bars und Restaurant. Selbst auf Bitten uns Betteln bekommen wir nichts zu trinken, nicht mal take away. Das gibt's doch gar nicht. Also letzter Versuch und ich reihe mich tollkühn in die lange Schlange der Bar ein, in die wir erst vor 20 min gestolpert waren und wegen genau der langen Schlange wieder verlassen hatten.. 40 min später (es ist 10 vor 12) trage ich für uns 2 Caipis, 2 Fanta und ein großes Bier zum Strand. Es ist nämlich so: in dieser Bar bestellt man erst seine Getränke an der Kasse, bezahlt diese und geht dann mit seinem Bestell-Zettel zum Barkeeper. Das dauert halt. Und dass zwei Barkeeper zwischendurch rumstehen, weil der Kassen-Mann nicht nachkommt, naja.. das ist halt so. Sie lassen sich eben nicht bestechen.. 
Das Mitternachtsfeuerwerk ist schnell vorüber, Hani und ich sind froh, in diesem Moment zusammen zu sein und denken an unsere Freunde und Familien. Die meisten jungen Leute am Strand sind eher hinüber von komischen Mixgetränken.. Uns wird die Mische auch angeboten. Uuuuaaaahhhh, mich schüttelt’s nur von dran riechen: Wodka-Cognac-Mix. 
Die Stimmung am Strand ist eher Ballermann. Wir sind doch tatsächlich nicht erst im Morgengrauen im Bett, sondern viel früher. 😬
Am nächsten Morgen – naja Vormittag – ist bereits auf unseren Weg runter Richtung Wasser ein dickes Kreuzfahrtschiff sichtbar (wir wohnen ja bissel den Berg hinauf). Mir schwant einiges, nämlich dass der Kasten alle seine Passagiere auf der Insel ausgekippt hat. 
Der Strand in Abrãao ist voll und dreckig, also entscheiden wir uns für eine kurze Fahrt mit dem Wassertaxi zu einem anderen Beach. Mist, hier hockt die andere Hälfte der Kreuzfahrer. Der Strand ist so voll, dass wir genervt nach einer Stunde wieder das Weite suchen und ein Wassertaxi nehmen, leider zurück! Zu einem anderen Strand wollen uns die Taxi-Käpt'ns schon gern bringen, aber für 2 Leute ist es entsprechend teuer (knapp 70 € hin und zurück für 5 min. um die Ecke!). Also laufen wir erst am Strand entlang, vorbei an nicht wenig Müll und Menschen, die in der von Booten gesäumten Bucht baden. Keine Ahnung, ob der dünne Film auf dem Wasser nun Sonnencreme-Rückstände oder Benzin von den vielen Motorbooten ist. Es riecht zumindest streng nach Abgasen. Finden nach ca. 20 min Fußmarsch einen kleinen Strand, der zwar auch nicht so prickelnd und ebenfalls voll ist, doch können wir hier noch ein Schattenplatz ergattern. Lazy day. Außerdem, selbst wenn wir wollten, kommen wir nicht weiter, weil der Weg auf ein Privatgrundstück trifft und es keinen Durchgang gibt. 
So viel Sonne, Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und vor allem diese Massen an Menschen schlauchen ganz schön. Immerhin haben wir hier täglich an die 35 Grad. Dusche mittlerweile oft dreimal täglich. 
Am frühen Abend sind wir so hungrig, dass wir zusehen, Punkt 7 einen Tisch zu besetzen. Wir haben uns an einem Strandrestaurant niedergelassen, hier gibt's BBQ mit verschiedenen Sorten Fleisch und Gemüse, der Grillmeister ist deutsch. Es ist unser letzter gemeinsamer Abend, Hani fährt am nächsten Morgen nach São Paulo, um einen Tag später zurück zu fliegen. Mittlerweile haben wir seit fast 24 Stunden kein Internet auf der Insel, da geht auch noch das Licht aus.. Und zwar überall. Alles düster. Bissel Hitchcock. Wir zwei, die seit 3 Wochen irgendwie immer leicht in Alarmbereitschaft sind.. und dann geht auch noch in der späten Dämmerung das Licht aus. Es läuft bei uns beiden der gleiche Krimi im Kopf ab. 
Alles, was uns jedoch passiert ist: wir haben unsere Frucht-Juices nicht mehr bekommen, weil der Shaker ohne Strom ja auch nicht geht, diese aber auf der Rechnung landen. Olá. 
Einige Restaurants, Bars und Kneipen haben ihre Generatoren angeworfen. Der deutsche Grillmeister erzählte uns, das sie das schon kennen hier. Ist nichts besonderes mit dem Stromausfall. Naja, dann.. Wir wollen auf dem Heimweg irgendwo noch eine letzte gemeinsame Caipi trinken. Das sollte gehen, da braucht man ja keinen Mixer. Wieder falsch gedacht. Die Bars und Restaurants schließen, geben nichts mehr raus. Es ist abends um 9 Uhr. Da können wir ja froh sein, dass wir bereits gegessen haben. Es gibt etliche Menschen, die an diesem Abend hungrig ins Bett gehen werden. Vielleicht ist es Angst vor Plünderei oder einfach nur keine Lust auf Improvisation? Wir wissen es nicht. Verstehen es auch nicht. 
Also gehen wir hoch zu unserer Pousada, müssen noch packen. Im Dunkeln mit Taschenlampen. Ich muss auch packen und mir für eine Nacht eine andere Unterkunft suchen, bei Claus ist die Nacht vom 2. zum 3. Januar komplett ausgebucht, von 3. bis 6. hat er wieder ein Plätzchen für mich.. 



Abschied nehmen auf Ilha Grande

Am Morgen nach dem Frühstück bringe ich Hania zum Pier runter. Och, Mist, ich will sie eigentlich da behalten. Wir hatten eine wirklich tolle Zeit zusammen, haben uns ziemlich gut ergänzt, auch mal angezickt (gehört wohl mit dazu) und schnell wieder eingekriegt. Komisches Gefühl, die Freundin zu verabschieden und selbst noch zu bleiben, obwohl ich ja auch nur Gast bzw. Tourist auf der Insel bin. Ein paar Tränen sind bei mir dann doch noch gekullert. Hani, ich vermiss dich jetzt schon. War echt ne coole Zeit mir dir auf unserem Trip durch Argentinien und Brasilien!!  Für einen Moment ist mir eher nach mitfahren als nach da bleiben. 
Der Start in meine letzte alleinige Woche ist etwas holprig. Zum Zeitpunkt, als ich Hania verabschiede, ist noch nicht klar, wo ich die Nacht verbringe. Strand? Irgendeine Couch? Hostel? Ich pass auch auf eure Yacht auf, kein Problem! 😉 Internet geht immer noch nicht, so kann ich nicht mal eine der Suchmaschinen anschmeißen, um mir ein Bett zu suchen. 
Zurück in der Pousada, um meine Sachen nun auch noch zu packen, bekomme ich Hilfe von Claus und seinem Stiefsohn Vito, der sich für mich and Telefon hängt und zwei Hostels abtelefoniert. Vito führt selbst ein Hostel, hat aber kein Bett mehr frei. Doch er wird fündig in einem anderen Hostel, und so schlafe ich heute Nacht im 6er Dorm, kann morgen wieder zurück ziehen in die Pousada. Im Moment hänge ich in der Hängematte ab und schreib diese Zeilen. Es ist abends um 10 und wohl immer noch 30 Grad. Es ist ein bisschen windig und ab und an fällt eine Mango vom Baum. Ich sitze unter dem schützenden Dach. 
Kurz nach dem CheckIn im Youth Hostel heut Vormittag funktionierte das Internet für ein paar wenige Stunden. Da hab ich erstmal eine Unterkunft klar gemacht für Paraty auf dem Festland, um nicht nochmal so wertvolle Zeit mit der Suche nach einem Bett zu verplempern.
Am Nachmittag war das Internet dann wieder weg, nix mit Text und Bilder hochladen im Blog. Ich hab mich dann spontan entschieden, doch noch einen kleinen Trek zu laufen, 3 km zu einem schönen Beach, nochmal baden. Ich hatte das Gefühl, ich brauch nach den Strand-Faulenz-Tagen etwas Bewegung. Mir war nicht klar, wie steil bergauf dieser Pfad gehen würde. Meine 1 ½ Liter Wasser waren fast aufgebraucht. Alter Schwede. Ich habe ernsthaft darüber nachgedacht, wieder umzukehren. Zumal mir fast alle Leute entgegen kamen. Ich traf dann doch noch auf eine Gruppe von 4 Mädels, die ebenfalls in die selbe Richtung und zum Wasserfall wollten. Am Ende waren es mehr als eine Stunde Schwerstarbeit, triefend nass und ganz schön an meine Konditionsgrenzen gestoßen. Yeah, dann gab es erstmal ne kühle Dusche und ich konnte meine Wasserflasche auffüllen unterm Wasserfall. Jetzt waren die letzten 25 min zum Feiticeira Beach hinunter nur noch Peanuts. Zurück hab ich dann aber doch das Taxiboot genommen. (Mittlerweile stürmt’s ganz schön!)

Dieses Hostel hier liegt ziemlich weit oben am Hang, der Weg hierher ist auch mit Anstrengungen verbunden. Also habe ich alles wichtige auf dem „Heimweg“ erledigt: Wäsche abgeholt (die hatte ich heut morgen zum Wäsche-Service gebracht), essen gegangen, bloß nicht mehr groß bewegen heute Abend. Fertig!! Mit Jack un Büx! 

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Mama & Papa (Sonntag, 04 Januar 2015 13:42)

    Moin,moin Liebes ,
    puuh ,ist ja schon beim Lesen ein wahres Abenteuer und das nicht bei 30 Grad .
    Na dann hoffen wir mal,daß der Rest noch halbwegs gut funktioniert so ganz allein.
    Dennoch wird es wohl eine super Erfahrung bleiben und für künftige Touren eine gute Planungsgrundlage sein.
    Wir drücken die Daumen für den Rest der Reise und freuen uns darauf ,wenn Du wieder in HH bist.
    Deine beiden jungen Alten !

  • #2

    Andrea (Sonntag, 04 Januar 2015 15:14)

    hallo Cousinchen,

    habe Deinen Blog ebenfalls verfolgt! Beneide dich sehr! Toll was Du alles erlebst und das du dich das alles traust! Du (be-)schreibst alles sehr gut, so dass ich gerne noch mehr lesen möchte. Bleib doch noch a bisserl

  • #3

    Schulz (Montag, 05 Januar 2015 00:45)

    Spannend zu lesen,da hatten wir es leichter,wir haben uns bei Deinen Eltern verwöhnen lassen und mit tausenden Menschen in Zingst das neue Jahr begrüßt. Dir noch eine spannende Zeit ,wenn auch allein,wir bewundern Dich, schon toll, wie Du das alles machst,sind gespannt auf weitere Berichte. Du schreibst köstlich. Alles Gute für Dich,liebe Grüße von Sigrid und Werner

  • #4

    Hania (Montag, 05 Januar 2015 20:33)

    Vivi,

    ich habe wieder Tränen in den Augen :(

    Als ich heute morgen im eignen Bett wach wurde, habe ich gar nicht realisiert, dass ich zu Hause bin. Ich hätte nix dagegen mit dir noch länger zu reisen...
    schön war's, Liebes! Obrigaaaaaaaaadaaaa :)