Paraty und drum herum

Es gibt sie doch: eine reibungslose Weiterreise. Von Vila de Abrãao auf Ilha Grande ging's mittags um 12 Uhr erstmal per Speedboot nach Angra dos Reis, einem auf den ersten Blick hässlichen Hafenstädtchen mit immerhin 126.000 Einwohnern. Direkt gegenüber vom Pier fährt der Bus ab nach Paraty, meiner nächsten und vorletzten Station der Reise. Es ist ein öffentlicher Bus, der oft hält, Leute einsammelt und ausspuckt. Ich bin nicht nur die einzige Reisende, sondern natürlich auch der einzige nichtbrasilianische Passagier. Da steigen 2 Jungs mit ihren Surfboards ein und aus, eine Omi mit ihrem Enkel, ein sehr alter Mann mit einem Beutel Baumaterialien, eine Frau mit einer riesigen Kühlbox. Normale Leute halt. Die Fahrt dauert rund 2 Stunden. Ich kämpfe ganz schön mit mir, denn ich hab wohl am Abend zuvor etwas Zug bekommen und mein Ischias-Nerv meckert gewaltig. Der Busfahrer ist in seinem Fahrstil nicht gerade zimperlich, ist reichlich flott unterwegs mit der Klapperkiste. Gefühlt müsste der Bus in jeder Kurve gleich umkippen. Ich denk mir, das macht er jeden Tag, er wird wissen, wie es geht. Schlimmer (für meinen gereizten Nerv) ist das permanente Bremsen. Es ist, als würde der Busfahrer immer erst im letzten Augenblick sowohl Haltestellen...
...als auch die geschwingigkeitsreduzierenden eingebautem Bodenwellen auf der Straße sehen. Hätte es Gurte gegeben, ich hätte mich ausnahmsweise mal freiwillig angeschnallt. 
Um 3 am Nachmittag bin ich in Paraty. Eigentlich würde ich gern meinem Rücken zuliebe ein Taxi nehmen, doch der Taxifahrer erklärt mir nur freundlich den Weg, so gut es geht. Wir kommunizieren mehr in Zeichensprache als in Worten. Ich merke schnell, in paraty bin ich mit Englisch ziemlich aufgeschmissen. Also Lauf ich voll gepackt los (mittlerweile sind es natürlich keine 12 Kilo mehr auf meinem Rücken!). Als ich im historischen Zentrum nach etwa 15 min ankomme, verstehe ich, warum dorthin kein Taxi fährt. Erstens ist der Ortskern autofrei – es fahren Pferdefuhrwerke – und zweitens sind die Straße mit solch riesigen Pflastersteinen belegt, dass man lieber sein Auto darüber trägt. 
Schweißgebadet und mit ersten Eindrücken dieses kleinen Kolonial-Städtchen erreiche ich das Hospedagem Colonial auf der Rue da Matriz inmitten des süßen historischen Zentrum. Ich beziehe mein „Penthouse“ im 2. Stock in der historischen Villa und habe einen hübschen Blick über den Ort. Leider lässt die Sauberkeit total zu wünschen übrig: klebrige Reste auf d Nachttischchen, Schimmel in der Dusche, ein ungeputztes mit Seifensiedern und Zahnpasta verschmiertes Waschbecken. Der Versuch, das zu kommunizieren, endete nur in Unverständnis und Erklärungen, dass die Frau, bei der ich eingecheckt hatte, das Zimmer selbst geputzt hätte. Aha. 

Am späten Nachmittag mach ich bewaffnet mit der Kamera auf den Weg durch den Ort, bleibe doch oft an bzw. in den kleinen Läden hängen. Also Paraty ist was für Mädels, kleines Shopping-Paradies. Natürlich sind genauso viele Souvenirshops aneinander gereiht, neben Restaurants und Bars. Zwischendurch hole ich mir mit längerer Wartezeit (anstehen in Brasilien ist normal) noch mein Busticket nach São Paulo für Donnerstag. Gut, dass ich das bereits heut erledige, ich ergattere den letzten Platz im Bus 16:40 Uhr. Dann stehe ich am Geldautomaten rund 20 min an, um dann zu erfahren von der Maschine, dass sie heut den Service nicht anbietet! (Eine andere Bank beseitigt mein Bargeldproblem!) 
Ich laufe durch die Gassen, kann gar nicht genug bekommen von den hübschen Häuschen und dem Flair, habe eigentlich Hunger, kann mich nicht entscheiden. Gegen 22 Uhr abends nehme ich dann doch Platz bei einem kleinen Restaurant next door zu meinem Hotel. Bei der Bestellung verstehen wir uns nicht recht, ich bestelle eine Caipi ohne Alkohol. Bei so viel Ibuprofen und Voltaren über den Tag verteilt ist das meines Erachtens die bessere Wahl. Wieder ein Missverständnis. Die Caipi ist definitiv mit Umdrehungen. 😁 Die folgende Nacht ist unangenehm, werde ständig gepiekst oder gebissen, jedoch nicht von Moskitos. Gibt's bissige Bettwanzen? 
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück will ich nach Trindade fahren, um dort zu den so hoch gelobten Stränden zu kommen. In Paraty selbst sind die Strände nicht so berauschend. Diese sollen recht schlammig sein und durch Rodung von Mangrovenwäldern entstanden. 
Der Bus fährt vom zentralen Busterminal ab, alle Stunde einer. Der 11 Uhr Bus kommt leider nicht. Mit viel fragen und verständigen erfahre ich, dass auch der 1040 Bus zum Strand fährt. Gesagt, getan, ab in den Bus. Nach fast ner Stunde Fahrt erreicht dieser die Endstation, nur nicht in Trindade. Tja, mogt nix, wie de Hamburger pflecht zu sagen, ne? Nur 3 Kilometer Hiking zum beach, och nö, nich schon wieder 3 km endless walkway!! Naja, hilft ja nix, wenn ich noch baden will. 
Unterwegs treff ich Fabian (nice to meet u) ut Hamburch – kleen is de Welt, nich? 
Irgendwie fein, hamburgisch su snacken. 
Mit Fabian aus Barmbek verbringe ich den Tag. Genieße die Sonne am wenig gefüllten Strand. Die Wellen haben’s in sich, es ist eine starke Strömung und ein starker Sog von den Wellen zurück ins Meer. Erst spät nehmen wir ein Wasser-Taxi und anschließend den Bus zurück. 

Irgendeine Katastrophe muss ja noch passieren. Ich hab den Schlüssel zu meinem Zimmer im Hotel verloren. Musste klingeln und denke nicht annähernd daran, dass die Hausherrin keinen Zweitschlüssel haben könnte, wie sich schnell heraus stellte. Zumal sie am Morgen mit Übersetzungshilfen eines anderen Gastes fragte, ob sie das 3. Bett aus meinem Zimmer holen könnte. Nun, das Ende vom Lied ist: zwei starke Kerle aus der Gastwirtschaft nebenan brechen die Tür auf. Shit happens! 
Am nächsten Morgen (wieder gefressen von irgendwelchen Viechern, die das Bett mit mir teilen) geh ich um 8 runter zum Frühstück. Ich sag's euch, wenn Blicke töten könnten, ich säße jetzt nicht mehr hier. Ich versuche zu erklären, dass mir das mit dem Schlüssel leid tut, werde mit totaler Ignoranz bedacht. Nicht nett und nicht schön. Hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Mit Hilfe meiner Übersetzung-App schreibe ich ihr  einen Zettel, erkläre und entschuldige mich und stelle klar, dass sie mir nicht gesagt hat, dass sie nur einen Schlüssel hat. (So konnte sie nämlich zu ihrem Übel nicht mal das 3. Bett aus meinem Zimmer raus holen.) Check! Check! Check OUT!!! 
Ich bringe mein Gepäck zu Paraty Tours bis zum Nachmittag. Es ist beschwerlich, voll beladen mit Flipflops über die Wackersteinstrassen zu laufen. Mit der Agency hab ich für heut noch eine Insel-Hopping-Tour gebucht, bevor ich am späten Nachmittag mit dem Bus nach São Paulo fahre. 
Die Sonne scheint mit aller Kraft, die Farben des Wassers sind ne echte „1“. Wow. Das Schiff hat etwas von Piratenschiff, mit zu vielen Menschen an Bord und entsprechend an den Spots zum Baden, Schnorcheln und Sonnen ebenfalls. An Bord hab ich mir einen der Liegeplätze in der Mitte des Bootes über der Kochkombüse gesichert. Da lümmelt es sich fein rum, irgrndwann über mittag schlummere ich auch mal weg. 
Das Wasser ist pieschwarm, trotzdem halte ich es fast nur dort aus. Die Außentemperaturen sind fast nicht mehr erträglich. Ich hab mir bereits einige Male die Fußsohlen verbrannt im heißen Strandsand. 
Ein letztes Bad mit einem Köpper vom Schiff runter und ein letztes mal die Sonne anbeten, dann geht's Richtung Hafen, den wir - wie fast nicht anders zu erwarten war - nicht um 15, sondern erst um 16:10 Uhr erreichen. Meinen Bikini hab ich gleich noch auf dem Schiff entsorgt, denn der fiel nach 4 Wochen Schwitzen und Salzwasser förmlich auseinander. 
Ich bin die erste, die von Bord geht, kein Wunder, ich hab mir der Verspätung mal wieder Zeitdruck. Mein Bus nach São Paulo geht eine halbe Stunde später. Und mein Gepäck muss ich auch noch abholen! 
Schade, nun hat die Zeit nicht mehr gereicht , um noch einen wirklich leckeren Döner Kebab Brasilian Style zu essen. Sonne und Meer machen ja bekanntlich hungrig.. 
Nun sitze ich im Bus nach São Paulo, der besagte letzte Platz ist direkt neben der Toilette. Das rundet den Tag heut wirklich sehr gelungen ab. 😁 Keine weiteren Details, außer dass ich mir im Laufe der Fahrt eine Atemmaske aus meinem Handtuch baue. Im Moment steht der Bus im Stau in Ubatuba (vorher nie gehört) und wir rollen in Schrittgeschwindigkeit am langen Strand vorbei, der natürlich proppenvoll ist. Da kommt kurz nochmal etwas Wehmut hoch, obwohl mir der Strand menschenleer besser gefallen würde. 
Es geht relativ lange am Meer entlang, in São Sebastião „biegt“ der Bus in Richtung Inland ab und dann kommt endlich mal eine Autobahn.. 👍

Melde mich dann wieder aus dem „New York Südamerikas“. 

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