Rio de Janeiro

Von Porto Seguro fliegen wir (zum zweiten Mal über São Paulo) nach Rio de Janeiro. Mit dem Taxi geht's nach Botafogo, wo sich unsere Bed & Breakfast Unterkunft befindet. Ich war zuvor doch noch etwas skeptisch, ob das eine gute Wahl war. Nicht wegen Sicherheit, sondern wegen der Unterkunft selbst. Alles andere, selbst einfache Hostels sollten zwischen Weihnachten und Neujahr dreimal so viel wert sein. Für ein Hostel statt 50 nun 150 Euro  pro Nacht ist ja schon ne Ansage. So war Solar Ricardo Bed & Breakfast eine wesentlich günstigere Wahl und wie sich kurz nach Ankunft heraus stellte, auch ein Hochsicherheitstrakt. Mit 6-stelligem Zahlencode passiert man den ersten Eingang. Um dann ins Haus zu kommen, muss man sich per Fingerprint-Erkennung Zutritt verschaffen. Der Mann weiß wohl warum, obwohl Botafogo als nicht gefährlich eingestuft ist. Es gibt uns jedenfalls ein gutes Gefühl. 
Am Ankunftstag gehen wir in unserm Viertel noch ein bisschen bummeln (große Ausflüge lohnen sich ab 17 Uhr nicht mehr),das endet eher in der Shopping Mall in Botafogo. Am Abend gehen wir spät noch ums Eck, eine Kleinigkeit essen. Die Kleinigkeit ist so „klein“,  dass selbst der Kellner uns empfiehlt, trotz großem Hunger nur einen Teller zu nehmen und dieses zu teilen. Wir bestellen was mit Fleisch und Manioc und schaffen den Teller tatsächlich nicht zu zweit aufzuessen. 
Am  Tag, es ist Samstag, fahren wir am Vormittag zur Seilbahn, um zum Zuckerhut hinauf zu gelangen. Wir nehmen den öffentlichen Bus und steigen natürlich prompt zu spät aus, also wieder zurück laufen. Und dann heißt es: geduldig sein und 1 ½ Stunden anstehen. Die Gondel fasst Maximum 70 Leute, trotzdem dauerts ewig lang, eh die Schlange vor uns kürzer wird. Es ist halt Wochenende und Ferienzeit und zwischen Weihnachten und Neujahr. 
Die Aussicht oben belohnt für die Warterei. Einen sehr guten Blick hat man auf die Copacabana, dem wohl berühmtesten Strand der Welt, gefolgt von Ipanema, der direkt nebenan ist. Wenn man genau hinschaut, kann man von hier oben gut sehen, welche Massen an Menschen sich dort unten am Strand und im Wasser tummeln. Au weia, ich hab Angst. 😜 Für Hani genau das richtige!! 
Also ab zur Copacabana! Wieder mit dem Bus, der nicht kommt und wir ungeduldig ein Taxi anhalten. Das Taxi bringt uns zum Boulevard. Die Promenade ist im wellenförmigen Muster gepflastert. Dieses Muster finden wir später reichlich vermarktet auf allen möglichen Souvenirartikeln wieder. Der Strand ist irre breit, es sind Wasserschläuche Richtung Wasser ausgelegt, die den Sand befeuchten, damit man sich beim über den Sand laufen nicht die Fußsohlen verbrennt. Es ist eben heiß in Rio und an der Copacabana. Wir leihen uns 2 Liegestühle und einen Sonnenschirm. Es ist nicht gerade einfach, zwischen diesen Massen an Menschen jeder Hautfarbe und denkbaren Körperstatur., ein Plätzchen zu finden. Baden gehen geht eh nur getrennt. Einer muss schließlich bei den Sachen bleiben. Wir sind ja sehr sehr sehr sensibilisiert. Die Wellen, die da so ans Ufer rollen, sind schon mal 2 Meter hoch. Wenn man den Strand entlang schaut, sieht man nur Menschen und Sonnenschirme. Die Brasilianer lieben es dicht gedrängt und nah beieinander. Ruhe sucht man hier vergeblich am Strand. Überall sind zudem fliegende Händler unterwegs und brüllen lautstark in die Menge, um ihre Waren anzupreisen. Es gibt kalte Getränke, Bikinis, Schmuck und geflochtene Armbänder, Cocktails, Tücher, Sandwiches, einfach fast alles, um am Strand zu überleben. Es ist schon ein ganz besonderes Feeling am  von Rio. Schön, das erleben zu dürfen. Bisher waren unsere Vorstellungen von Brasilien und Copacabana eher an braungebrannte knackige Popos und gemachte Brüste gekoppelt. Davon gibt's bestimmt auch einige. Doch sehr sehr viele Menschen sind der ungesunde Lebensstil und das Essverhalten anzusehen. Wir haben beide manches Mal nicht schlecht gestaunt, wie viele wirklich fette Menschen (und ich meine nicht etwas mollig!) es hier gibt, die sich trotz ihrer Fülle und Pfunde in den Tanga quetschen, aber kaum 3 Meter laufen können. Chapeau und Hut ab. 
Einige hundert Meter machen wir uns noch am Strand entlang laufend auf den Weg – ich hab Hummeln im Hintern, während Hani gut und gern 2 Tage den Liegestuhl nicht verlassen bräuchte.  😉 
Am Abend fahren wir mit dem Taxi nach Lapa, einem benachbarten Stadtteil. Lapa soll viel zu bieten haben zum Ausgehen. Clubs und Bars und Restaurants – alles brechend voll. Wir sprechen mit einem Kellner, bei ihm ist jedoch leider alles voll, und werden auch von ihm eindringlich gewarnt, NUR die Hauptstraßen zu gehen, keine Seitenstraßen. Mit Müh und Not finden wir ein Plätzchen in einem Restaurant, natürlich draußen quasi auf dem Gehweg. So etwa wie die Schanze in Hamburg im Sommer, nur noch viel mehr. Wir wollen danach gern noch in einen Club oder zumindest noch etwas trinken. Doch ist es überall so voll, dass die Leute bereits in 50 Meter langen Schlangen anstehen. Hani lässt sich beim „fliegenden“ Barkeeper eine Caipi machen, ich Steig auf Wasser um. Die Caipis, die hier gemixt werden, hält meine Magenschleimhaut nicht aus. Wir geben ein auf. Zu viel, zu voll, zu stickig, zu viel Caçaca, zu alles. Taxi Heim. 

Am Sonntag treffen wir uns mit Kaled und seiner Freundin Isabel. Kaled kenne ich aus meiner Zeit in Australien. Er hat damals an der Uni in Brisbane eine Dozentenstelle gehabt und war der Apartment-Nachbar von Freunden. Zudem sind wir nicht nur zusammen über Weihnachten 2000 nach Sydney gereist, sondern haben auch Silvester in Sydney zusammen verbracht. Dank Facebook haben wir uns vor einiger Zeit wiedergefunden. Die zwei holen uns an unserer Pension mit ihrem Auto ab und wir fahren in den Nationalpark Tujica, der inmitten von Rio liegt. Verrückt: Regenwald mitten in der Stadt. Die Idee, zur Christus-Statue hoch zu fahren haben wir aufgrund von Wochenende und damit verbundenen 4 Stunden Warteschlange verworfen. Statt dessen genießen wir die Aussicht auf die Stadt von einem anderen Aussichtspunkt aus, der nicht so hoch frequentiert ist. Vor allem haben wir uns aber viel zu erzählen. Da vergesse ich schon mal das eine oder andere Foto zu schießen. 😳 
Leider haben wir nicht so viel Zeit zusammen, weil Isabel ihre kranke Mutter halbwegs pflegen muss. Die Wiedersehensfreude mit Kaled war sehr groß. George, wenn du das liest: ich soll dich ganz ganz herzlich lieb grüßen von ihm. Isabel ist auch eine sehr herzliche und sympathische Frau. Außerdem spricht sie ein kleines bisschen Deutsch. So war die Verständigung zwischen uns vieren eine lustige Mischung. Wir lassen uns von den beiden am Ipanema-Strand absetzen. Heute ist es anscheinend noch voller als am Tag zuvor in Copacabana, ein Meer von Sonnenschirmen. Rio hat rund 6,3 Millionen Einwohner, davon sind etwa die Hälfte am Strand. Ipanema und angrenzend Leblon sind teurer und wohlhabender als Copacabana. Da wundert es uns nicht im ersten Moment, dass zwei Liegestühle und ein Sonnenschirm fast das doppelte am Tag kosten sollen. Wir entscheiden uns nur für den Sonnenschirm, ohne würden wir durchdrehen, suchen uns ein Plätzchen (2 qm) und breiten unsere Handtücher aus. Auf einmal lautes Geschrei am Wasser, ein ganzer Haufen Menschen rennen aus dem Wasser den Strand hoch, schnappen ihre Sachen und verlassen augenscheinlich den Strand ganz. Es ist wie eine Panik, die ausbricht. Mein erster Gedanke ist: gibt's hier Haie? Es ist etwas unheimlich. Wir checken erst jetzt, dass wir die beiden einzigen weißen Menschen sind in einer Masse von fast ausschließlich schwarzer Bevölkerung (brasilianisch dunkelbraun und afrikanisch dunkelbraun ist fast dasselbe). Das gleiche Spektakel passiert wenige Minuten später noch einmal. Werden auch etwas argwöhnisch angeschaut. Wir haben gerade kein Gefühl mehr für die Situation. Also packen wir unsere Handtücher wieder ein, lassen den Sonnenschirm Sonnenschirm sein (5 Euro für 5 Minuten – guter Deal!) und verlassen ruhig und zügig diesen Strandabschnitt. Wir haben zwar nur das nötigste an Bargeld bei uns, ich glaube, noch nicht mal die Kreditkarten, doch um Kamera und Telefon wäre es schon schade gewesen. 
Ein paar hundert Meter weiter landen wir anscheinend am Gay-Beach, vor allem mit weitaus mehr hellhäutigeren Menschen, also einer guten Mischung. Ein Mann mit seiner sehr kleinen Tochter sitzt direkt vor uns im Sand. Hier scheint es sicherer zu sein. 
Zu gucken gibt's hier allemal was: perfekt durchtrainierte braungebrannte (teils silikongefüllte) Kerle, die aber nur für die ihresgleichen Augen haben. Gucken kost’ ja nix..
By the way: gefühlt sind Hania und ich die beiden einzigen erwachsenen Menschen in ganz Brasilien, die nicht tätowiert sind. 
Gegen späten Nachmittag bummeln wir auf der Promenade Richtung Copacabana und erleben einen wunderschönen Sonnenuntergang am Ipanema. Gegen 21 Uhr nehmen wir ein Taxi Heim, denn Metro fahren sollen wir nach Einbruch der Dunkelheit auch nicht mehr, ebenso wenig die öffentlichen Busse benutzen. 
Auf dem Heimweg essen wir direkt bei unsrer Pension um die Ecke, wo sich wohl selten ein Tourist hin verirrt. Ganz einfach, Plastikstühle, alles bissel schmuddlig und eben sehr authentisch. Essen schmeckt aber ganz gut. Finden die Kakalaken auch und kommen zu später Stunde aus ihren Löchern gekrochen. Haben die ein Glück, in Rio zu leben. In Asien wären sie jetzt bereits auf dem Grill gelandet. 😉
Am nächsten Morgen werden wir noch einmal von Ricardo verwöhnt mit Frühstück. Wer irgendwann mal in Rio sein und einfach, gut und wirklich sehr nett wohnen möchte, dem kann ich Ricardos Bed & Breakfast Pension nur empfehlen. 
Er bringt uns noch die Straße runter zum Taxi, „setzt uns“ quasi ins Taxi, sagt dem Taxi-Fahrer wohin wir müssen.  Ganz süß, wie er sich kümmert, dass wir Mädels bloß nicht verloren gehen. 
 

2 Tage Rio waren definitiv zu kurz. Also nächstes Mal wenigstens 5 Tage, um noch mehr einzutauchen in diese verrückte Stadt. Außerdem war die Zeit mit Kaled und Isabela viel zu herzlich und dafür zu kurz. 

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Kommentare: 4
  • #1

    Mama & Papa (Dienstag, 06 Januar 2015 00:12)

    Hallo Liebes,
    großartig geschrieben Dein Bericht.Ist ja wirklich Wahnsinn, ich glaube,Platzangst darf man da wohl nicht haben an der Cobacabana.
    Toll, daß ihr von Menschen die es gut meinten so wertvolle Überlebenstipps bekommen habt.
    Ansonsten wünschen wir Dir noch für den Tauchausflug viel Glück.Trotz der wunderschönen Berichte werden wir glücklich sein,wenn Du wieder in HH landest.
    Und nun lesen wir gleich den angekündigten 2. Bericht von der Ilha Grande weiter.
    Liebe Grüße Mama und Papa

  • #2

    Marcel (Dienstag, 06 Januar 2015 04:21)

    Hey, unglaublich , sitz ja selbst grad am Strand in curacao und lese deine spannenden Reiseberichte und bin ganz fassungslos was du da alles so erlebst, Sweety, vor allem dass du dich doch recht ungezwungen und frei dort durchschlägst, find ich echt großes kino. Hört man doch eigentlich dauernd wie super gefährlich insbesondere Rio ist und ihr scheint ja nicht wirklich nur die klassischen touristenpfade einzuschlagen! Hut ab! Pass weiter bitte gut auf dich auf und dass mit dem tauchen besprechen wir noch***ggg*** tauchkurs musst du doch bei mir machen, liebe vivi!!!! Halt die Ohren steif und dir ein Bussi aus curacao .... Marcel

  • #3

    Bernd u. Doris (Dienstag, 06 Januar 2015 16:12)

    Den Brasilianerinnen für das neue Jahr alles Gute! Wir haben auch an der Copacabana gebadet, doch war es nicht annähernd so gut gefüllt! Warnungen gab es auch schon zu unserer Zeit zu Hauf, doch Werner und ich sind trotzdem in der Dunkelheit durch Nebenstraßen in eine Garagenkneipe um Bier zu holen. Wirkte am Anfang auch bedrohlich, doch nachdem der Wirt seinen Gästen verklickerte, dass wir "alemao" wären, entspannte sich die Situation!! LG B&D

  • #4

    Tabea (Dienstag, 06 Januar 2015 23:47)

    Hi, muss mich jetzt auch als Fan deines Reiseblogs outen. Schöne, kurzweilige Berichte. Bringen auch in das verregnete, trübe Deutschland die Sonne, zumindest für ein paar Minuten!
    LG Tabea