Am Morgen der Abreise von Iguazu regnet es. Irgendwie angenehm. Die Nacht war eher der Horror. Zu warm, Klimaanlage zu kalt, Fenster auf, Moskitos drin, Fenster wieder zu, ziemlich zerstochen. Am
Abend zuvor hatten wir uns noch erkundigt, wie wir von Iguazu in Argentinien nach Iguaçu in Brasilien zum Airport kommen. Haben uns dann für den Bus, und NICHT für das Taxi entschieden. Da hat
der Taxi-Unternehmer meine Anfrage als Bestellung aufgefasst. Denn der alte Mann stand heut morgen schon an unserem Frühstückstisch! War nicht so einfach, ihm zu erklären, dass wir kein Taxi
brauchen.
Wir nehmen also wieder den Bus, mit dem wir bereits gestern zum Nationalpark gefahren sind und bitten den Busfahrer, uns am Airport, der direkt an der Strecke liegt, rauszulassen. Mittlerweile
regnet es richtig. Bindfäden sind kein Ausdruck. Wasserfälle. Aber es ist ja ...
... warm, schätzungsweise 27 Grad. Die Zeit wird etwas knapp, die Abfertigung an der Grenze hat etwas länger gedauert, so halten wir doch das nächste Taxi an für die letzten 800 m bis zum
CheckIn. Wenn ich geahnt hätte, dass der Abflug so viel Verspätung hat, hätte ich wohl das Wechselgeld des Taxifahrers gezählt. Der hat sich nämlich um einiges vertan beim Wechselgeld, wie ich
später feststellte. Ist ja auch nicht einfach, in Brasilien noch mit Pesos zu bezahlen und sich in Real rausgeben zu lassen.
Mit unserem verspäteten Flug mussten wir in Sao Paulo etwas rennen. An Bord gibt's nur Nahrung, die man kaufen muss. Unser Hunger ist mittlerweile so groß, dass wir das teure Angebot
wahrnehmen.
Gelandet mit Verspätung, nehmen statt dem öffentlichen Bus und dem Taxi lieber einen Airport-Shuttle in die Stadt. Goldene Mitte. Eineinhalb Stunden dauert die Fahrt vom ca. 30 Kilometer
entfernten Airport. Es geht entlang am Wasser. Leider ist es schon dunkel.
Die Endstation des Busses liegt ungefähr noch 15 min Fußweg vom Hostel entfernt. Hm, irgendwie doch einige zwiespältige Figuren unterwegs. Bepackt mit unseren Rucksäcken fragen wir nach dem Weg
bei ein paar Security-Jungs. „Take care“ ist das wichtigste, was sie uns mit auf den Weg geben. Und wir planen kurzerhand um von zu Fuß zum Hostel auf Geld ziehen und in ein Taxi springen.
Das Hostel liegt mitten im historischen Stadtteil Pelourinho. Anfang der Neunziger wurde dieser historische und sehr herunter gekommene Stadtteil von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt. Erst
dann wurden Gelder bereit gestellt, um diesen wunderschönen Stadtkern zu sanieren, zu renovieren und wieder ansehnlich zu machen.
Nach dem CheckIn wollen wir noch eine Kleinigkeit essen und uns werden von der Hostel-Rezeption zwei Straßen weiter einige Restaurants empfohlen. So ganz wohl ist uns bei den ersten Schritten
nicht, doch vor unserem Hostel steht ne Wache, Polizei bzw. Security. Das beruhigt und beunruhigt zugleich. Wir werden hier und da angesprochen, finden aber eines der empfohlenen Plätzchen, sehr
local, sehr einfach, die Preise jedoch nicht gerade sehr einfach. Wir bestellen Moqueca de Peixe, eine Fisch- und Scampi-Pfanne serviert mit Reis. Nach all dem Fleisch in Argentinien eine
willkommene Abwechslung. Es scheint ein Fest im Viertel zu sein. Ein kleiner Straßenumzug mit Trommeln und Gesängen zieht an uns vorbei.
Auf dem Heimweg kommt von einer Seitenstraße nochmal sehr laute Musik zu uns rüber. Da geh’n wir doch nochmal schauen und sind in wenigen Schritten mittendrin in einem Fest oder Konzert mit
traditioneller Musik afrikanischen Ursprungs. (Salvador ist stark beeinflusst von afrikanischer Kultur als grösster Sklavenhandelsplatz über mehrere Jahrhunderte.) Menschen tanzen um uns herum,
die üppigen Damen auf der Bühne sind festlich gekleidet, mit einer Art Turban auf dem Kopf, viel Glitzer, Glitzer und Tamtam. Es ist eine Mischung aus Samba, viel Fröhlichkeit und kräftigen
Trommelschlägen. So lassen wir uns anstecken und tanzen mit. 💃
Nächster morgen: Regen, Regen, Regen. Sieht nicht aus, als würde es heut nochmal aufhören. 😳
Es ist sehr ungewöhnlich für diese Jahreszeit, dass es so schüttet; das sagt uns jeder, der mit uns über das Wetter spricht. Wir besorgen uns einen Schirm. Diese werden übrigens zu Hauf auf der
Straße von kleinen Straßenhändlern verkauft. Sie haben in der Hand oder unter den Arm geklemmt, was sie tragen können und sind uns willkommen. Nach dem Hostel-Frühstück (ne glatte „1“ nach dem
Frühstück in Iguazu) starten wir den Tag mit einem Gang zu einer kleinen Reiseagentur, um unsere Bustickets für den nächsten Tag nach Lençois zu kaufen. Etwas abenteuerlich, weil die Dame schwer
zu finden ist, in einem Market versteckt gefühlt in irgendwelchen Hinterhöfen. Aber wir fragen uns fleißig durch und jeder scheint sie zu kennen. Wir finden uns wieder zwischen Garküchen,
Schneidereien und Schuhmachern. Und die Tickets bekommen wir auch. Nachdem das wichtigste erledigt ist, machen wir noch einen Schlendrian in „ unserem“ Viertel, trinken noch einen Kaffee und
planen unseren Tag (um), dem Wetter angepasst. Strand und Baden fällt aus, obwohl es ja trotzdem warm ist. In einer der Straßen auf unserem Viertel-Spaziergang wird uns mit einer Geste von einem
Mann vor seinem Geschäft empfohlen, diese nicht weiterzugehen, sondern umzudrehen. Danke dafür, lieber Unbekannter.
Mitten auf dem Platz Terreiro de Jesus werden wir etwas aufdringlich angesprochen, dort drüben im Geschäft mal reinzuschauen.., werden enttarnt als Deutsche. Der ältere Herr erklärt uns, dass
sein Chef in dem Juwelier-Geschäft Deutscher wäre. Hoppla und plötzlich stehen wir im noblen Juwelierladen von H. Stern (Familienunternehmen, 1939 ausgewanderte Deutschjuden und weltweit sehr
erfolgreich) und schnattern mit Alexandre, der vielleicht so alt ist wie ich. Er erzählt uns, er ist ausgewandert, weil ihn die Liebe nach Brasilien verschlagen hat, gibt uns wirklich wertvolle
Tipps, auch was unsere Sicherheit betrifft, nimmt uns aber auch den einen oder anderen Wind aus den Segeln. (Meiner und auch Hanias Adrenalinpegel ist in Salvador eh durchgehend etwas höher als
bisher). Nun gut, da wir schon mal da sind, möchte Alexandre uns doch noch ein paar tolle Schmuckstücke zeigen. Im Nu hab ich einen Audi A6 am Hals, bestückt mit exakt 1369 Diamanten. Krasser
Kontrast: 1€-T-Shirt vom Flohmarkt und ein Collier am Hals, welches sage und schreibe 60.000 Euro (!!!) kostet. Das günstigste Schmuckstück in dem Laden kostet umgerechnet noch immer 470 € und
besteht aus ein paar Blättern in Silber an einem Lederband. Hübsch, aber wir lassen unsere Kreditkarten stecken. 😝☺️ Im Grunde weiß auch Alexandre, dass wir nichts kaufen werden, haben dafür
unseren Spaß zusammen. Eine sehr nette Geste erfahren wir noch zum Schluss, als er meint, dass niemand diesen Laden ohne etwas verlassen würde. Er schenkt jedem von uns einen kleinen Anhänger mit
einem BERIMBAU eingraviert. Er erklärt uns, dass dieses Berimbau ein einfaches Holzinstrument ist, das im 18. Jahrhundert von den Sklaven aus Afrika nach Brasilien gebracht wurde. Es gibt bei
vielen Volksfesten in Bahia den Rhythmus an und sei besonders beliebt bei der musikalischen Untermalung der CAPOEIRA, einem afrikanischen Kriegs- und Kampftanz.
Nach einer guten Stunde verlassen wir Alexandre und H. Stern und haben Hunger. Auf einem der Plätze gibt's bahianisches Fast Food, welches ACARAJÉ heißt. Das probieren wir doch mal aus. Es sind
in Dendê-Öl frittierte aufgeschnittene Teigbällchen aus Bohnen, Wasser, Salz, Zwiebeln und getrockneten Krabben, die mit getrockneten Krabben und VATAPA (einer Creme aus gemahlenen Krabben und
Nüssen) gefüllt sind. Schmeckt nicht schlecht, aber jeden Tag müsste ich die nicht haben. Na immerhin haben wir 2 von 12 Mio. Acarajé, die monatlich verspeist werden in der Stadt, weg
gemampft.
Salvador liegt an einem Hang, es gibt die Oberstadt und die Unterstadt. Und eines der Wahrzeichen dieser Stadt ist der Aufzug ELEVADOR LACERDA. Na, so aufregend ist das jetzt nicht, dass dieser
Aufzug als Hauptpostkartenmotiv dient. Doch immerhin transportiert dieser Aufzug wohl 28.000 Menschen jeden Tag.
In der Unterstadt stolpern wir dann doch in ein Schuhgeschäft. Naja, es ist eigentlich ein Flip-Flop-Geschäft. Also Havaianas rauf und runter. So viele, in allen Farben, mit Motiven, ohne,
unifarben, oder mehrfarbig. Ich entscheide mich nach einer guten halben Stunde (wohl gemerkt für Gummilatschen) für ein paar türkisfarbene. Zur Krönung suche ich mir noch einen türkisfarbenen
(Glas-)Brilli aus, der mir sofort im Laden am Riemchen der rechten Latsche abgebracht wird. Wenn schon keine 1369 echten, dann wenigstens ein unechter..
Am Nachmittag fahren wir mit dem Bus nach Barra im Süden der Stadt. Dort soll es sehr hübsch sein. Der Bus fährt durchs Nobelviertel Vitoria. Hier sind die Wohngebäude wie Hochsicherheitstrakts.
Ziemlich abgeschirmt. In Barra schlendern wir auf der Promenade am Wasser entlang. Bei Sonnenschein bestimmt viel hübscher, wir sind jedoch den ganzen Tag mit dem Regenschirm bewaffnet. Und doch:
das erste mal seit unserer Ankunft in Südamerika stecken wir die Füße ins Wasser. Glücklich!
Die Zeit war kurz in Salvador, quasi nur einen ganzen Tag. Es geht nochmal ins Inland, nach Lençois und in den Parque Nacional da Chapada Diamantina.
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Mama & Papa (Samstag, 20 Dezember 2014 09:07)
Bom dia Senhoras , wir sitzen noch im Nachtgewand vorm Tablet und sind begeistert von dem herzerfrischenden Bericht .Wollten eigentlich schon geduscht sein,glücklicherweise sind eure Eindrücke aufzusaugen wichtiger .
Der Bericht klingt wie eine Woche in der Region aufgehalten.
Ein fast identisches Bauwerk haben wir von Lissabon in Erinnerung ,nämlich den Elevator ,welcher die Unterstadt von der Oberstadt verbindet.
Euch beiden weiterhin ein gutes Gelingen und weiterhin viele schöne Eindrücke .
Mom und Dad
Georgios (Samstag, 20 Dezember 2014 11:56)
Meine liebe Vivian :) das ist echt toll wie Du das mal wieder so toll geschafft hast. Ich hab jetzt auch Fernweh ... Vielen Dank fuer die tollen Eindruecke! Passt auf Euch auf. Frohes Fest in Suedamerika!
Günther, Bartsch (Samstag, 20 Dezember 2014 14:33)
Hallöchen Vivi
bin ein bisschen schusselig. Ich bekomme Deine Reiseeindrücke doch per Facebook. Toll, was ihr alles so erlebt! Ich beneide Euch, aber ich gönne es Euch von ganzem Herzen. Weiterhin viel Spaß und ich freue mich schon auf Deinen nächsten Bericht.
Gruß und Kuss
Günther
Bernd u. Doris (Sonntag, 21 Dezember 2014 09:38)
Hallo Vivian! Heute nur ganz kurz, wenn Du lernst das Berimbau zu spielen, dann kannst Du bei uns mal etwas zum Besten geben! Andrea hat uns aus Salvador so ein Instrument mitgebracht, wir können nicht spielen und so hängt es nutzlos an der Wand! Weiter alles Gute B&D